Sprachen und andere Kulturmerkmale

Ich spreche ja kein Französisch und bin deshalb nie zuvor durch Frankreich geradelt. Ich hatte großen Respekt davor, dass ich womöglich nicht klar kommen würde. Dann wurde ich mutiger, als ich voriges Jahr auch durch das Baltikum fuhr und mich prima verständigt hatte mit Menschen, die estnisch, litauisch oder russisch sprachen. Das spreche ich auch alles nicht, aber es war immer lustig und freundlich und hat Spaß gemacht. In Litauen war ich ja sogar beim Frisör und damit konnte ich mich wirklich sehen lassen.
Für die französische Sprache fehlt mir jedes Gespür. Es klingt immer anders, als die geschriebene Sprache vermuten lässt. Und es klingt sehr poetisch. Ich meine, ‚Chaussee deforme‘ könnte auch in einem Gedicht gut klingen. ‚Straßenschäden‘ klingt eher holprig, grau und irgendwie zerbröselt. Halt nach dem, was es ist.
Außerdem gibt es da diese seltsame Verdrahtung in meinem Gehirn. Das schaltet bei Reisen meist direkt ins englische. Wenn ich damit nicht weiter komme schaltet es auf die paar Brocken spanisch, die ich mal gelernt habe. Und zwar unabhängig davon, wo ich gerade bin: Frankreich, Polen, Schweden, Baltikum, ganz egal. In Frankreich hat es erstaunlich oft gut funktioniert.
Gleichzeitig habe ich in Frankreich eine sehr sehr große Hilfsbereitschaft erlebt, das war wundervoll. Und es wirkte alles immer sehr höflich auf mich. Aber dadurch eben auch distanziert. Es viel mir schwer, irgendwie Verbindung aufzubauen.
Dann kam Belgien und die Hilfsbereitschaft blieb. Gleichzeitig war da aber auch, trotz der zunächst gleichen Sprache, eine viel größere Offenheit und Neugierde. Es war auch keine Scheu mehr Englisch zu sprechen bei den Menschen. Einfach drauf los quatschen, das passt schon. Da wurde es leichter für mich mit dem Reisen.
Gestern war am Sonntag wieder ein irrer Betrieb auf den Radwegen, es waren alle Altersstufen und alle Räder unterwegs und besonders viele Rennräder. Einzelne, zu zweit und in Gruppen zischen sie an einem vorbei. Ich konnte beobachten, dass die sich mit Zeichensprache untereinander verständigen. Keine Ahnung was da wie heißt, aber es wirkte sehr lebendig und auf den Punkt. Mir vielen auch viele Daumen-hoch auf. Bis mir dann irgendwann dämmerte: die meinten mich. Es war sonst nämlich niemand weiter da, der es hätte sehen können.
Tja, das ist jetzt noch mal eine neue Erfahrung. Heute ging es weiter mit den Daumen hoch und es fühlt sich wirklich super an ständig so viel Zuspruch zu bekommen. Es macht richtig Spaß.
Und dann sind natürlich sehr viele Niederländer unterwegs. Die halten einfach an, kommen auf mich zu, manche haben mich auch schon angehalten und dann wollen sie alles ganz genau wissen. Wo die Tour anfing, wohin sie führt, was wo los ist, solche Sachen. Es ist wirklich auffällig und auch das macht Spaß. Die quatschen auch erstmal auf holländisch los, so als könnten sie sich schwer vorstellen, dass man eben nicht aus Holland kommt, wenn man mit dem Rad reist. Ich antworte dann immer auf niederländisch, dass ich ihre Sprache zwar ein bisschen verstehe, sie aber nicht spreche sondern Englisch und Deutsch sprechen kann. An vielen geht das dann inhaltlich komplett vorbei, sie quatschen auf holländisch weiter. Meist gelingt mir dann auch irgendwie ein Gespräch und ehrlich gesagt macht es großen Eindruck, wenn man etwas holländisch sprechen kann. Ich bekomme anerkennendes Nicken und es wird meist sehr lustig. Diese Offenheit, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Interesse ist schon besonders und macht die Reise jetzt auf den letzten Kilometern zu einem großen Genuss.


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